Riesling 2021 von der Saar bis nach Franken
Zu einem ganz besonders interessanten Weinkolleg über den "Riesling" fanden sich mehr als 20 Gäste am Samstag in der Vinothek am Schloss in Bönnigheim ein. Der Referent, Andreas Reichert, ehemaliger Kellermeister der Weingärtner Cleebronn-Güglingen e.G., berichtete sehr launig und äußerst kompetent von seiner 14-tägigen Fahrradtour und den dabei besuchten fünf Weingütern entlang der Flüsse von der Saar über die Mosel, den Mittelrhein, das Rheingau bis zur Mainschleife nach Franken.
Schon während seiner Fassküferausbildung, sowie des Studiums in Geisenheim und Weinsberg und nicht zuletzt während seiner Arbeit in der Felsengartenkellerei Besigheim und den 14 Jahren als Kellermeister in Cleebronn war ihm der Riesling als „sein Steckenpferd“ ans Herz gewachsen. Immerhin gehöre Württemberg zu den fünf wichtigsten Riesling-Anbaugebieten Deutschlands und es habe Zeiten gegeben, besonders vor und kurz nach dem Ersten Weltkrieg, „da war deutscher Riesling weltweit die anerkannteste und teuerste Weinsorte, die auf dem Weltmarkt mehr kostete als Burgunder- und Bordeaux-Weine“, so Andreas Reichert. Im März 1435 sei das Wort Riesling zum allerersten Mal in einem Dokument erwähnt worden. „Seither wird der Riesling in Deutschlands Weinregionen kultiviert und ausgebaut“ und es könne sogar sein, dass schon die Römer den Riesling für die kühleren Regionen „in den Norden“ mitgebracht hätten. „Denn er reift spät und reagiert ausgesprochen abwechslungsreich in seine Aromen und seiner Stilistik auf die verschiedenen Terroirs der jeweiligen Weinbauregion mit klaren mineralischen Noten und unterschiedlicher Dichte des Körpers“, erläuterte der Referent.
Um seine historischen und verfahrenstechnischen Kenntnisse in An- und Ausbau der Rieslinge praktisch demonstrieren zu können, hatte Reichert fünf besondere Rieslinge aus den von ihm besuchten Kellereien mitgebracht und zur Verkostung für die Gäste ausgeschenkt. Schnell wurde den Teilnehmern klar, dass ein Riesling, der auf grauem Schiefer oder Tonschiefer wächst, viel kühler, schlanker daherkommt, als wenn er auf Löß-, Lehm- oder Muschelkalk angebaut wird. „Je fetter der Boden, desto fetter der Riesling“, so Reicherts Kurzformel.
„Weltweit wird er auf ca. 60.000 Hektar angebaut und belegt damit den Rang 18 aller angebauten Rebsorten.“, erfuhren die Weinkollegianer im weiteren Verlauf. Anschauliche Fotos von den Steillagen an der Mosel oder dem Mittelrhein zeigten außerdem sehr deutlich, dass Rieslinge dort sogar in Erster Lage und als Großes Gewächs gedeihen. Obwohl abenteuerliche Seil- und Aufzugskonstruktionen als Transporthilfen die schwere Arbeit in den 70% steilen Hängen erleichtern soll, bleiben die Qualen der Bearbeitung der Weinstöcke und der Weinlese enorm. „Aber“, so Reichert, „Qualität kommt von Quälen“.
Dies alles erfuhren die Vinothekare und Gäste des zweistündigen Weinkollegs mit viel Freude, neuem Wissen und hohem Genussfaktor. Ein langanhaltender, herzlicher Applaus und ein paar einheimische Tropfen als Dank unterstrich die Zufriedenheit der Teilnehmer mit diesem hochkarätigen Referenten beim neunten Weinkolleg der Freunde der Vinothek Bönnigheim e.V.
Text und Fotos: H. Tiedke